RUF - MICH - AN

Haben Sie sich in den letzten Monaten einmal nachts durch die hinteren Programme ihres Fernsehapparates gezappt? Ich schalte mein Fernsehgerät nur äußerst selten ein und bin in Bezug auf dieses Medium oft meiner Zeit hinterher. So war ich dann auch arg überrascht, als mir eines nachts die bekannte Aufforderung nicht von einer halbnackten Dame mit Peitsche, sondern von einem angezogenen jungen Mann hinter einem Moderatorentisch entgegenschlug. Dieser starrte mich von der Mattscheibe her an und hörte nicht auf, mir zuzurufen: „Hallo, ruf mich a-haaan. Hej Leute, ich waaaarte, halloooo“. Ich war irritiert!
Warum sollte ich diesen Mann anrufen? Er sah nicht so aus, als würde er mir sexuelle Befriedigung verschaffen wollen (oder können). Was dann?? „Hej,“ rief der junge Mann jetzt, „es kann doch nur zwischen hundertsiebenundachtzig und hundertvierundachtzig liegen. Also wenn ihr nicht wisst, wie viele Flächen die Torte hat, dann ratet doch einfach“.

Aber: nichts passierte. Das heißt, es rief niemand an. Die Kamera hielt starr auf das Gesicht des Moderators, der wiederholte: „Hej Leute, zwischen hundertsiebendundachtzig und hundertvierundachtzig. Was kann das sein? Ich geb euch einen Tipp: es kann sein: hundertsiebenundachtzig, hundertsechsundachtzig, hundertfünfundachtzig oder hundertvierundachtzig“.
Langsam überlegte ich, ob ich in einem Zeitloch gelandet sei. Ich konnte einfach nicht begreifen, warum das Telefon im Studio nicht klingelte. Eigentlich hätte es mir ja auch völlig egal sein und ich hätte weiterschalten können. Doch ich schaffte es einfach nicht. Ich war wie hypnotisiert von der immer und immer wiederkehrenden Aufforderung. „Hallo, ruf an. Jetzt. Ist doch nicht so schwer. Halllooooo“. Noch immer klingelte das Studiotelefon nicht und allmählich tat mir der Moderator leid. Wollte ihn denn
niemand von seiner Qual erlösen? Oder befand ich doch in einem Paralleluniversum und der Mensch aus dem Fernsehapparat sprach ausschließlich zu mir??

Enttäuscht überließ ich den Ansager seinem Schicksal und zappte weiter. Vielleicht schaue ich morgen nach, ob er noch immer wartet.
komma.vorbei - 3. Mär, 09:39